Geschichte des Wasserschlosses Unterwittelsbach
Das Wasserschloss in Unterwittelsbach blickt auf eine über 900-jährige Geschichte zurück. Zahlreiche Besitzer sind namentlich bekannt, auch wenn man über die meisten von ihnen sonst wenig bis gar nichts weiß. Das änderte sich erst im 19. Jahrhundert, als der Wittelsbacher Herzog Maximilian in Bayern das Landgut erwarb und zu seiner "Burg" machte. 1999 erwarben die Stadt Aichach das Schloss samt Parkanlage. Seitdem ist es öffentlich zugänglich.
Die Anfänge des Wasserschlosses (1100 - 1500)
Schon im 12. Jahrhundert werden pfalzgraflich-wittelsbachische Dienstmannen urkundlich genannt, die vielleicht in einer Vorgängerburg des heutigen Wasserschlosses saßen. Sie ist wohl schon vor der Zerstörung der Stammburg Oberwittelsbach (1209) gebaut worden. In den Jahren 1137 und 1158 begegnen uns ein Diepold von Wittelsbach, um 1167/75 ein Etich von Wittelsbach und seine Söhne Baldewin und Siegfried sowie um 1200/1208 ein Eberhard und 1240 ein Markward und Siegfried von Wittelsbach, alle wohl Burgmänner und Pfalzgrafen-Dienstleute, die zum Teil in Unterwittelsbach saßen.
Im herzoglichen Urbar (Güterverzeichnis) aus den Jahren 1275-1281 unter dem Namen „Inferius Witlinspach“ besaß Herzog Ludwig der Strenge in Unterwittelsbach drei Höfe, zwei Huben (halbe Höfe), Ackerfeld und Garten. Im Jahre 1311 verkaufte Herzog Ludwig IV., der spätere Kaiser Ludwig der Bayer, an das von seinem Vater gestiftete Kloster zu Fürstenfeld einen Hof zu Wittelsbach.
Ab diesem Zeitpunkt wechselte der Eigentümer vielfach. Im 14. Jahrhundert siegelte ein Heinrich der Rörenmoser zu Niederwittelsbach in mehreren Urkunden. 1409 Kauf durch Heinrich der Sandizeller. Wolfgang von Unterwittelsbach, ein Sandizeller, ist im Jahre 1450 Wiederbegründer des Birgittinenklosters Altomünster. 1475 Kauf durch Heinrich Haslinger zu Haslingkreit.
Zuflucht für Augsburger Mönche (1500 - 1800)
Um 1500 gingen Schloss und Hofmark auf die adeligen Herren von Burgau über. Durch Tausch brachte 1533 das Reichsstift St. Ulrich und Afra in Augsburg den Besitz an sich. In der Reformationszeit fanden die Benediktinermönche in dem Wasserschloss Zuflucht, bis sie 1549 nach Augsburg zurückkehren konnten. Abt Simon Goll verstarb hier 1548 im Exil, seine Grabplatte befindet sich in der Burgkirche Oberwittelsbach. 1777 sah sich der Konvent genötigt, zu verkaufen.
Nach kurzem Besitz vom kurfürstlichem Truchseß, Bürgermeister und Stadtkämmerer zu München Ludwig Benno von Reindl, erwarb es 1781 Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern für 99.500 Gulden, zusammen mit den Landgütern Winden und Stockensau. Das Schloss blieb bis 1811 landesfürstliches Staatsgut und wurde dann wieder in Privathände veräußert.
Wieder im Besitz der Wittelsbacher (1800 - 1900)
Arnold von Link, zuletzt königlicher General-Commissär und Regierungspräsident in Augsburg, erwarb das Schloss 1811 und kaufte noch mehrere Grundbesitzungen dazu. Nach dessen Tod fiel es durch Kauf an eine Geschäftsgenossenschaft und dem Landgut drohte die Zertrümmerung. Vor diesem Verderben rettete es Herzog Max.
Herzog Maximilian Joseph in Bayern, der Vater von „Sisi“, der späteren Kaiserin Elisabeth von Österreich und Königin von Ungarn, erwarb 1838 neben dem ehemaligen Kloster Kühbach das Wasserschloss Unterwittelsbach und bezeichnete es als seine „Burg“. 56.500 Gulden, etwa 750.000 Euro, kostete ihn das Landgut.
Er ließ die Gebäude Instand setzen und die dem Verfall preisgegebene Kapelle von seinem Kabinettsmaler Heinrich von Mayer neugotisch restaurieren. Der Schlossdachstuhl mit Andreaskreuz weist ältere Zimmererhandwerkszunft auf: Handgeschlagen, die Verbindungen mit Holznägeln abgefangen. Er trägt die Beschriftung „Francesco Saverio Berger maiestro ti falegname (Franz Xaver Berger, Zimmerermeister) in Aichach und Wittelsbach anno 1845 uno mille otto cento quarente“. Auf einem weiteren Balken steht „Johann Obrich[?] 1839 von Aichach“. Noch vorhanden ist eine der angefertigten Zimmertüren, taubenblaugrau gefasst.
1862 verkaufte Herzog Max das Schlossgut Kühbach und weitere Besitzungen an die Barone von Beck-Peccoz, das Schloss Unterwittelsbach samt Parkanlagen blieb aber in seinem Besitz.
Nach seinem Tod im Jahre 1888 erbte das Schloss sein Sohn, der Augenarzt Karl Theodor, Herzog in Bayern. Er vererbte es wiederum an seinen Sohn, Ludwig Wilhelm, Herzog in Bayern.
Vom Kinderheim zum Ort für Kunst und Kultur (1900 - 2000)
Carl Theodor, Herzog in Bayern, vererbte das Wasserschloss 1909 an seinen Sohn, Ludwig Wilhelm in Bayern. Dieser nahm das Erbe an, lebte aber hauptsächlich in Tegernsee „auf der Schanz“. Herzog Ludwig Wilhelm pflegte die Tradition seines Großvaters und verkörperte mit Nachdruck altbayerische Sitte und Lebensart. Er war verheiratet mit der verwitweten Fürstin Eleonore zu Schönberg-Waldenburg, geborene Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, hatte aber keine Nachkommen.
120 Jahre war das Schloss im Besitz der Herzöge in Bayern, als es 1958 mit 500 Tagwerk Grund und 250 Tagwerk Wald von Herzog Ludwig Wilhelm an den Fürsten zu Fürstenberg-Herdringen als Heiratsgut für dessen Tochter Cäcilia, Gräfin von Pfetten-Niederstotzingen, verkauft wurde. Etwa 200 Tagwerk Waldungen wurden an das Bischöfliche Ordinariat Augsburg veräußert, das es später gegen das Stadtpalais von Beck-Peccoz tauschte, 150 Tagwerk Äcker und Wiesen erwarben Landwirte und Anwohner in Unterwittelsbach.
Anfang 1960 wurde die Aichacher Familie Rindfleisch Besitzer des Schlosses. Sie sanierte das gesamte Gebäude, unter anderem wurden die Fenster und Türen ersetzt. 1977 ging es an Brigitte und Siegbert Müller, die ein privates Jugendheim für verhaltensgestörte Kinder einrichteten. Angrenzende Wirtschaftsgebäude wurden abgerissen, die Kapelle, auch aus Steuergeldern, wieder renoviert. Nach 23 Jahren verkaufte am 30. Juni 1999 der Besitzer an die Stadt Aichach. Seit dem Jahr 2000 finden dort regelmäßig Ausstellungen, Konzerte, Vorträge und Märkte statt.
Die gesamte Schlossanlage samt Park wurde renoviert, die Stützmauer saniert, die Brücke mit Eichenbohlen und die Treppe außen in Sandstein erneuert, das Dach der Kapelle neu eingedeckt, die zwei vorderen Weiher geräumt, die Wege um die Weiher begehbarer gestaltet und ein neuer Parkplatz angelegt. Innen wurde Mauerwerk, Treppe und Boden ausgebessert, Fenster und Fensterläden neu gestrichen. Die Ergebnisse der denkmalschützerischen Befunde wurden im März 2003 vorgestellt. Auf dem Innenputz sind zwölf Farbschichten vorhanden, darunter auch ein edles, kostbares Blau, das nur aus dem Halbedelstein Lapislazuli gewonnen werden kann. Etwas ungewöhnlich für ein Schloss, das nicht mehr von hohen Herrschaften bewohnt wurde, so Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl und Kreisheimatpfleger Hans Blöchl.